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Spardruck in Bundesbern Aufrüstungsdebatte wird von finanzpolitischer Realität eingeholt

Mit 1.5 Milliarden Franken für neue schwere Waffensysteme will der Nationalrat so viel in die Armee investieren wie seit langer Zeit nicht mehr. Jahr für Jahr soll nun mehr Geld in den Ersatz von altem Material und in die Beschaffung neuer Waffen fliessen.

Wegen der schlechteren Sicherheitslage in Europa hatte sich das Parlament im letzten Dezember darauf geeinigt, die Armeeausgaben bis 2032 stark zu erhöhen, bis auf ein Prozent des Bruttoinlandproduktes. Das Ziel: Ab 2032 sollen jährlich etwa 10 Milliarden Franken für die Verteidigung zur Verfügung stehen.

Bürgerliche wollten aufs Tempo drücken

Doch den bürgerlichen Sicherheitspolitikerinnen und Sicherheitspolitikern geht das nicht schnell genug. Sie argumentieren: Die Armee muss sofort aufrüsten und nicht erst in sieben Jahren über deutlich mehr Mittel verfügen.

Sie verweisen auf das Worst-Case-Szenario der Nato: Schon 2027 könnte Russland bereit sein, einen Angriff auf die baltischen Staaten zu wagen. Auch die Schweiz müsse daher so schnell wie möglich mehr Waffen kaufen. Die Ratslinke entgegnete dazu: Das Szenario von feindlichen Bodentruppen an der Schweizer Grenze bleibe dennoch extrem unwahrscheinlich.

Finanzpolitiker gegen Sicherheitspolitiker

Weil es schneller gehen müsse, forderten die bürgerlichen Sicherheitspolitiker eine zusätzliche Milliarde Franken für den Kauf von Artillerie-Munition und Flugabwehrraketen. Der Widerstand der linken Parteien gegen diesen Plan war heftig. Doch im bürgerlichen Lager setzten sich am Schluss nicht die Sicherheitspolitiker durch, sondern die Finanzpolitikerinnen und Finanzpolitiker.

Mehr Munition wäre schon gut, war der Tenor. Doch dies könne man sich einfach nicht leisten. Den meisten Bürgerlichen, die für eine starke Armee einstehen, ist das Einhalten der Schuldenbremse mindestens so wichtig. Die zusätzliche Milliarde Franken für Munition wurde im Nationalrat deutlich abgelehnt. Und die Zeichen deuten darauf hin, dass der Ruf nach schnellerer Aufrüstung auch im Ständerat kaum Chancen haben wird.

Die Aufrüstungsdebatte ist heute jäh auf dem Boden der finanzpolitischen Realität gelandet. Seit mehr als einem Jahr wird im Parlament um zusätzliche Milliarden für die Armee und über neue Finanzierungsideen gestritten. Dabei kristallisierte sich heraus: Es gibt weder eine Mehrheit für neue Einnahmequellen noch für eine Lockerung der Schuldenbremse.

Streit ums Geld Ende Jahr vorprogrammiert

Eigentlich ist allen Parlamentsmitgliedern bewusst: Selbst der beschlossene Plan, die Armeeausgaben bis 2032 stark zu erhöhen, ist kaum finanzierbar. Wäre heute eine Milliarde Franken mehr für Munition unterstützt worden, hätte das den Druck auf die Bundesfinanzen in den nächsten Jahren noch stärker erhöht.

Weil die Einnahmen in den kommenden Jahren laut Prognosen nicht reichen, um die beschlossene Aufrüstung zu finanzieren, zeichnet sich nun Jahr für Jahr in der Budgetdebatte im Dezember ein heftiger Verteilkampf ab. Die Bürgerlichen werden versuchen, insbesondere bei der Entwicklungszusammenarbeit noch mehr einzusparen und in die Armee umzuleiten. Der Streit ums Geld für die Armee dürfte auch Ende dieses Jahres wieder heftig werden, und dies selbst ohne die Zusatzmilliarde für Munition.

Andy Müller

Bundeshausredaktor

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Andy Müller ist Bundeshausredaktor des Schweizer Fernsehens. Zuvor war er Themenplaner und stellvertretender Redaktionsleiter von «10vor10».

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Tagesschau, 5.6.2025, 12:45 Uhr; wilh

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